Aus der Perspektive eines Elektroinstallateurs
Mein Nachbar entdeckt Matter
Mein Nachbar hat Matter für sich entdeckt. Konkret: Mit einem Apple Homepod als Steuerzentrale und zwei Funksteckern hat er bereits einfache Szenen erstellt und automatisiert, bevor er mich als Elektroinstallateur anspricht. Ich bin neugierig und sichere Unterstützung zu.
Smartphones und smarte Lautsprecher wie Alexa sind heute nicht mehr nur für «die Jungen» normal. Damit sind zum Beispiel Google oder Apple Home als Smart Home Schnittstelle praktisch nur noch einen Fingertipp entfernt. Und jetzt kommt Matter – ein Standard, der hoffentlich alles zusammenbringt.
Was weiss ich über Matter?
Funkstecker mit Fernbedienung aus dem Baumarkt waren bisher «Insellösungen» – also je eine Fernbedienung, ein Funkstecker. Das ändert Matter als noch relativ junger Standard. Er wurde von vielen wichtigen Herstellern gemeinsam initiiert und vorangetrieben, weshalb immer mehr Produkte das Matter-Logo tragen. Das verspricht eine gewisse Kompatibilität und verbindet praktisch alles: also Smartphones und smarte Lautsprecher wie Apple Homepod oder Amazon Alexa mit Licht, Storen oder Heizung. Auch bestehende proprietäre Smart Home Systeme und gar KNX müssen nicht aussen vor bleiben.
Matter-Erfahrungen habe ich ehrlich gesagt noch keine. Meinem Nachbarn hat Matter den Einstieg in ein zunächst noch einfaches Smart Home offensichtlich erleichtert und technisch dennoch keine Grenzen gesetzt. Das macht mich neugierig.
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Matter in der Anwenderpraxis
Mein Nachbar hat sein noch primitives Smart Home praktisch selbst in der Hand. Die Möglichkeit der Programmierung von Szenen und Automationen liefert ihm Apple Home mit dem ihm vertrauten iPhone. Ich werde später sehen, wie schnell das geht und bin mir sicher, dass es mit Google Home oder Alexa genauso gut funktioniert.
Dies schafft Akzeptanz für Technik – und Offenheit für Lösungen, wenn es als Amateur nicht mehr weitergeht. Für mich als Elektroinstallateur ist das eine Chance, wie ich schnell merke, als ich ins Boot geholt werde.
Matter: Die Grenzen der Anwender
Mein Nachbar spricht mich an, weil er weitere Ideen hat, doch die Vernunft lässt ihn vor Schaltschrank und Dosen stoppen.
Eine Szene für die Stube ist bereits programmiert, aber es fehlt die Integration der dimmbaren Leuchte über dem Tisch. Der Fernseher ist Matter-fähig, die automatischen Storen sind aber nicht vernetzt und damit eine Insellösung. Die richtigen Dimm- und Storenaktoren hat er bereits herausgesucht. Kurz: Ideen gibt es viele, aber diese sind für ihn nicht mehr ganz so einfach umsetzbar.
Grenzbereiche: Intelligente Leuchtmittel etc.
Wir diskutieren über intelligente Leuchtmittel. Auch diese können Matter-fähig gemacht werden und der Leuchte über dem Tisch ins Smart Home helfen. Entscheidendes Gegenargument im konkreten Fall: Wenn jemand das Licht mit dem bestehenden Schalter löscht, ist der Strom weg. Ohne Strom kann auch Matter nichts mehr ausrichten.
Mein Nachbar sagt, das Smart Home müsse seiner Familie dienen und nicht umgekehrt. Bestehende Schalter sollen genau gleich funktionieren, nur zusätzlich intelligent übersteuert werden können. Guter Punkt. Hier sind manche DIY-Systeme am Ende.
Installation von Matter-Aktoren für Licht und Storen
Der Dimmaktor braucht einen Nullleiter, doch prompt stellt sich heraus, dass es diesen in der Dose des bisherigen Dimmers nicht gibt. Wir können die Herausforderung lösen, indem wir den Dimmaktor in den Auslass in der Decke zwängen und schliesslich den Dimmer in der Dose durch einen einfachen Taster ersetzen. Mein Nachbar scannt noch kurz den QR-Code auf dem Aktor und mit einigen wenigen Konfigurationsschritten können wir testen und diesen in die Szenen einbinden. Ich staune: So einfach habe ich das nicht erwartet.
Wir gehen weiter und ersetzen die bisherigen Steuerungen der Storen. Diese sind grösser als die neuen Aktoren, dennoch braucht es etwas Geschick beim Austausch. Die erste Integration erfolgt hier über eine App des Herstellers, bevor die Storen dann zu Apple Home hinzugefügt werden können. Im zweiten Anlauf klappt es, wir schliessen die Installation ab.
Es funktioniert nicht: Wer ist zuständig?
Als ich aus den Ferien zurückkomme, erkundige ich mich, wie es weitergegangen ist. Bei Sonnenaufgang darf automatisch Tageslicht hinein, und nun reduzieren zum Beispiel die Storen tagsüber die Spiegelungen, wenn der Fernseher eingeschaltet wird.
Offensichtlich war dafür die Frusttoleranz meines Nachbars in der Zwischenzeit hart auf die Probe gestellt worden. Letztlich hat er dank seiner hohen technischen Affinität alle Herausforderungen wie Konnektivitäts- und Konfigurationsprobleme alleine lösen können.
Mir stellen sich weniger technische Fragen: Wenn die Hoheit über das System mindestens teilweise bei meinen Kunden liegt, die nicht immer so technisch versiert sind – wer löst dann diese Herausforderungen?
Der Aufwand von Support
Klar, der Profi kann das, hat hoffentlich die erforderlichen Erfahrungen sammeln können, aber der Aufwand kann hier sehr schnell steigen. Wie grenze ich all dies ab und stelle sicher, dass die Aufwände dann auch akzeptiert und bezahlt werden? Wie können die Lösungen nachhaltig, stabil und sicher sein, wenn der Kunde praktisch jederzeit in die Programmierung eingreifen kann? Wie oft hört der PC-Support vom Anwender: «Ich habe nichts gemacht.»
Ich denke darüber nach, wie ich das dokumentieren kann. Oder lässt sich ein Back-up erstellen, das im Ernstfall schnell und einfach einen Reset ermöglicht? Habe ich alle anderen Faktoren wie zum Beispiel das WLAN unter Kontrolle?
Interessant wird hier auch die Option, ein proprietäres System für Funktionen und Einstellungen zu nutzen, die vom Anwender nicht detailliert angepasst werden sollen und dieses über eine Matter-Bridge für die Bedienung zu integrieren.
Anders herum gedacht: Proprietäres System mit Matter erweitern
Nun denke ich wieder an die mir bekannten Systeme. Diese bieten mir Sicherheit, weil ich die Konfiguration selbst unter Kontrolle habe und deren zuverlässige Funktion garantieren kann. Matter bietet hier dennoch Chancen, da es eine Schnittstelle zu im Alltag breit akzeptierten Bedienmöglichkeiten bietet und eben auch DIY-Produkte integrieren kann. Grenzen gibt es kaum.
Matter: Kaum Grenzen, einige Fragen, viele Chancen
Mein Nachbar hat inzwischen auch die Steuerung seiner Sonnenstoren mit einer Bridge anlernen und integrieren können. Auch hier gab es Herausforderungen und einen zweiten Anlauf, aber das System wächst so in kleinen, sinnvollen Schritten.
Auch mein Erfahrungsschatz ist gewachsen, ich habe interessante Details mitnehmen können. Vor allem aber habe ich einen guten Überblick gewinnen können, wie sich Kundenbedürfnisse durch Matter verändern oder entwickeln könnten. Zum einen gibt es das konkrete Beispiel meines Nachbars, in dem ein System agil wachsen kann, ohne das Ausbauchancen verbaut sind. Zum anderen ist interessant, dass umgekehrt auch proprietäre oder KNX-Systeme durch DIY-Produkte ergänzt und durch Siri, Alexa und Co einfach gesteuert werden können.
Die Akzeptanz seitens der Anwender für Smart Home und Technik wird sicher steigen. Aufpassen müssen wir, dass wir als Elektroinstallateure unsere Rolle in diesen Geschichten richtig definieren, um dann nicht nur spielerisch aktiv zu sein.
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